Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler
„Der Besuch von Gottesdiensten steht nicht auf dem Therapieplan, aber trotzdem setzen wir ein Statement!“ - Feierliche Altarweihe in der Klinik Jülich
„Der Besuch von Gottesdiensten steht nicht auf dem Therapieplan, aber trotzdem setzen wir ein Statement!“ – Feierliche Altarweihe in der Klinik Jülich
Bad Neuenahr-Ahrweiler Es gibt Anlässe und Momente, die erlebt man vielleicht nur einmal in seinem Leben. So ein Moment fand am Freitag, den 30. Juni um 17:00 Uhr in der Klinik Jülich in Bad Neuenahr-Ahrweiler statt. Die Klinik Jülich liegt mit ihrer hauseigenen Kapelle direkt gegenüber der Ahr und beide wurden durch die Flutkatastrophe vom 14. Juli 2021 stark beschädigt.
Der Wiederaufbau der Klinik und die Wiederherstellung der Blasiuskapelle sind nun, bald zwei Jahre nach der verheerenden Katastrophe, fast beendet. Schon bald öffnet die Klinik wieder ihre Tore für Menschen mit ortophädisch-rheumatologischen Erkrankungen und auch die Blasiuskapelle wartet auf ihr Erwachen.
„Viele von Ihnen werden sich fragen, warum wir als Rehaklinik eine eigene Kapelle brauchen. Diese Frage ist natürlich sehr berechtigt. Der Besuch von Gottesdiensten und Andachten steht nicht auf dem Therapieplan und kann nicht verordnetet werden; aber unsere Bücher dokumentieren, wie wichtig diese Kapelle für unsere Patienten und Patientinnen ist.“, so Günter Kill, geschäftsführender Gesellschafter der Klinik. Weiter führt Kill aus, dass die Menschen ihre Sorgen vor Gott tragen und Hoffnung für Ihre Genesung finden.
„Täglich bieten wir auch von 16 bis 17 Uhr Orgelmusik aus französischen Kathedralen an“, so Kill, der sich auf die ersten Patienten und Patientinnen in der nächsten Woche freut.
Dekan Peter Strauch, Mitglied des Leitungsteams im Pastoralen Raum Bad Neuenahr-Ahrweiler, eröffnet die Weihefeierlichkeiten in der Jülich Kapelle: „Die Wiederherstellung der Blasiuskapelle und die Weihe eines neuen Altares ist sicher nur ein kleiner Meilenstein in der geschundenen Heimat, aber dieser Meilenstein zeigt doch in die richtige Richtung, es geht nach vorn!“
Ein Zeichen der Hoffnung sei es, so Bischof Stephan Ackermann am Beginn, dass die Kapelle wieder einen Altar erhalte. Dieser Altar stehe damit nicht nur für menschliche Kräfte, namentlich das Ehepaar Kill, sondern auch für die Kraft und den Segen Gottes. „Wir wollen heute den Segen Gottes erbitten für alle Menschen, nicht nur für die, die heute hier versammelt sind, sondern für alle, die hier herkommen werden, die Heilung und Kräftigung suchen und diejenigen, die die Menschen dabei unterstützen und in diesem Hause arbeiten“, fährt der Bischof fort. Ein Ort der Hoffnung und des Trostes ist es also, der hier für die Menschen vor Ort, die Mitarbeitenden und die Patienten der Klinik entstehen soll.
„Die Weihe einer Kapelle ist ein Statement“, so Ackermann. „Wir alle wissen, wie knapp Ressourcen sind, ob das finanzielle oder personelle Ressourcen sind, aber in Einrichtungen herrscht natürlich auch immer eine Knappheit von Räumen.“ Multifunktionelle Räume, die verschiedentlich nutzbar sind, bilden das Kernkonzept von Raumplanungen. Eine Kapelle in einer Klinik zu weihen, so meint Bischof Ackermann, ist nicht notwendig, ist irgendwie überflüssig und ist mit Blick auf die Knappheit von Räumen ein Luxus. Aber genau hier setzt das Ehepaar Kill in der Jülich Klinik einen Kontrapunkt!
Als Menschen leben wir von dem Mehr als Notwendigen. Wenn Menschen nur das haben würden, was wichtig ist, dann würde unser Leben verarmen.
Insofern verweist die Weihe auch auf das Mehr. Es geht um mehr als Funktionalität. Die Absonderung von Räumen sei immer auch ein Bekenntnis.
Die Gestaltung des Raumes deutet das schon an: es ist ein Raum des Rückzugs, der Stille und ein Raum der Offenheit für das Herz und den Geist.
In seiner Predigt machte der Trierer Oberhirte deutlich, wie wichtig die Nähe Jesu ist. In dem Zusammenhang nimmt er auch Bezug auf den Auftrag der Klinik, die Menschen zurück ins Leben zu begleiten. Eine solche Kapelle sei dabei nämlich ein wichtiger Ort für die Fragen der Menschen: Warum ist mir das passiert? Warum bin ich gerade so gehandicapt? Wie soll es weitergehen?
Diese Kapelle kann ein Ort sein, wo Menschen mit sich ringen können. Ein Ort also, der eine Perspektive eröffnet, der Raum gibt für das Hadern und Ringen mit Gott. Ein Ort, der ebenso die Gegenwart Gottes gemeinsam mit menschlicher Unterstützung erfahrbar macht.
An die Predigt schloss sich der Ritus der Altarweihe an. Dabei handelt es sich um eine Messfeier, innerhalb derer Riten vollzogen werden, die z.T. seit dem 4. Jahrhundert belegt sind.
Zunächst werden Reliquien von Heiligen in den Altar beigesetzt, was die urchristliche Tradition der Märtyrergräber birgt. In Altar der Kapelle wurden neben dem verschlossenen Reliquar aus Rom, die Blasius Reliquie sowie Reliquien von Papst Pius V., Karl Barromäus, Liborius, Ubald, Villanie und Donatus von Münstereifel eingelassen. Zudem die Weiheurkunde von 2010, welche die Flut überlebt hat. Offensichtlich hat man beim letzten Mal auch einige Münzen beigesetzt. „Gut, dass ist jetzt nicht so ganz liturgisch“, merkt Bischof Ackermann zunächst an, fragt aber dann scherzhaft: „Sollen wir das machen, Herr Kill oder gehört das eher in die Grundmauern?“ Erdgar Rader aus der Kunstschmiede der Abtei Maria Laach verschloss die Reliquien anschließend. Es folgten die Besprengung des Altares mit Weihwasser, die Salbung des Altares mit Chrisamöl und das Verbrennen von Weihrauch auf dem Altar. Im Anschluss wurde der Altar mit dem Altartuch gedeckt und die Kerzen entzündet.
Zum Abschluss der Feierlichkeiten lud das Ehepaar Kill noch zur Begegnung im wiederaufgebauten Speisesaal ein. Günter Kill bedankte sich für die vielfältige Unterstützung aus Politik, Architektur und Seelsorge. Sein besonderer Dank galt den Mitarbeitenden, die teilweise unter Einsatz ihres Lebens in der Flutnacht Patientinnen und Patienten gerettet haben. So sei er froh, dass in der nächsten Woche endlich wieder Menschen, das Angebot der Klinik und vor allem der Kapelle in Anspruch nehmen können.