Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler

Im Interview: Dekanatskantor Klaus-Dieter Holzberger

Am 1. Juli 2022 wird der Dekanatskantor Klaus-Dieter Holzberger in den Ruhestand gehen – nach über 40 Jahren Dienst als Organist, zuerst in St. Laurentius, zuletzt an allen Orgel in der Stadt.

Unzählige Gottesdienste hat er durch seine Orgelmusik bereichert, unzählige Feiertage hat er mit seiner Musik begleitet, – ob privat oder in der Gemeinde, ob wiederkehrend im Kirchenjahr oder einmalig.

Gottesdienste ohne seine Musik, sein Feingefühl, sein Können sind für viele kaum vorstellbar.

Und doch kommt jetzt die Zeit seines wohlverdienten Ruhestandes. Im Interview haben wir Ihn gefragt, wie die Zeit im Ahrtal für Ihn war, was Ihn besonders geprägt hat und was er jetzt im Ruhestand vor hat. 

Sie lieben die Musik, sie sind ein leidenschaftlicher Kantor. Was begeistert Sie an diesem Beruf, an dieser Berufung, so sehr?

Ich habe sehr früh angefangen, so im 2. oder 3. Schuljahr Klavier zu spielen. Eigentlich ein normaler Anfang. Mein Bruder hat Klavier gespielt, was er spielte, spielte ich dann auch. Und da er auch Klavierunterricht hatte, wollte ich auch unbedingt! Irgendwann kam Pfarrer Becker auf mich zu, weil er jemanden brauchte, der an den Sonntagnachmittagen die Andacht mit der Orgel begleitete. Das hat mir direkt Spaß gemacht und ich hatte eine super Grundlage, für meine spätere Tätigkeit, denn das Klima in meiner Heimatgemeinde war außerordentlich gut! 

Ich war, dass muss ich dazu sagen, kein Sänger, ich war ein Tastendrücker. Der Schulchor war damals außerhalb der Reichweite, das heißt, dort, wo ich mit dem Bus hätte hinfahren können. 

Erst im Studium habe ich dann angefangen, richtig zu singen. 

Der Chor ist etwas, das eine Gemeinde zusammenführt. Nicht die Geschwindigkeit ist ausschlaggebend, sondern das Gefühl, gemeinsam etwas zu erschaffen. Das war hier in St. Laurentius immer toll, vor allem wegen der Akustik ! 

Erinnern Sie sich noch an Ihren 1. Einsatz hier in der Pfarrei? 

Das war in Laurentius. Ein geistliches Chorkonzert, das der Interimsdirigent gestaltet hatte zur Einführung. 

Mitte September, 1981, war dann mein erster richtiger Einsatz. Was habe ich da nochmal gespielt? Achja, ein Orgelstück, eine Mendelssohn Sonate und ein ganz schräges modernes Stück. 

Was hat Sie hier im Ahrtal, in ihrer Stelle besonders geprägt? 

Der erste Kontakt mit dem Ahrtal ist nun mehr als 50 Jahre her. Ich erinnere mich genau, es war 1972, ich war 16 Jahre. Mein Vater war im Jahr zuvor in Kur in Bad Neuenahr gewesen. Da bin ich hier in den Eingang, wo jetzt der Weinbrunnen in Ahrweiler auf dem Marktplatz steht. Ich stand in der Laurentiuskirche und habe gedacht, hier würdest du auch mal gerne eine Messe spielen! 

Das ist ein Gefühl, was lange angehalten hat, auch jetzt noch, als die Kirche noch in Betrieb war habe ich gerne hier gespielt und würde es auch weiterhin tun, wenn da nicht die Flut gewesen wäre. 

Wenn ich alles mal überschlage, habe ich hier im Ahrtal übrigens ca. 20.000 Gottesdienste gespielt, ganz schön viel, wenn man mal darüber nachdenkt! 

Hatten Sie auch eine Lieblingsorgel?

Das kann man so pauschal nicht sagen. Aber da ich als Kind schon immer in Laurentius spielen wollte, vielleicht diese. Auch, weil ich diese Orgel am besten kannte. Ich weiß, was vorhanden ist. Ein historisches Barockgehäuse. Ein ganz markantes Register von 1903 ist erhalten geblieben, nicht etwa als Notlösung, sondern weil es gut zu gebrauchen war. 

Jetzt haben sie gesagt, sie waren eher ein Tastendrücker, aber trotzdem haben Sie auch jahrelang den Chor geleitet. Vielleicht erzählen Sie etwas darüber?

Chöre waren für mich immer eine Herausforderung. Schon in Detmold hatte ich das Gefühl, dass mich der Chor sehr fordern wird, leistungsmäßig. Für die Probe, in der ich dirigieren durfte, hatte ich ein entsprechendes Niveau ausgesucht, was ziemlich hochgegriffen war. Sodass es auch als Neuling zu schaffen war. Da stellte sich heraus, es war viel zu einfach. 

Als Student habe ich auch in Bielefeld in einer Gemeinde gespielt und durfte dort einen kleinen Chor leiten. Das hat mir unfassbar viel Spaß gemacht. 

Als ich hier im Ahrtal anfing, den Chor zu leiten, waren es ungefähr 40 Personen. In den letzten Jahren waren es teilweise über 100 Personen. Dann kam Corona, ja und es kam zum zwangsweisen Beenden und Pausieren. Das hat mir sehr weh getan. 

Gab es ein Highlight in dieser Zeit?

Eigentlich alles. Besonders aber die Gottesdienste und Konzerte. 1982 durften wir, der Chor,  auf den Kulturtagen in Maria Laach eine Messiasaufführung gestalten. 

Ich hatte noch Kontakte von der Hochschule und so hat sich ad hoc ein Orchester gebildet. Das war wahnsinnig toll gewesen! 

Bis jetzt ist dieses Orchester eine Art Ehemaligentreffen. Wenn ich jemanden brauchte, um etwas zu begleiten, dann waren sie da! Das war oft leichter, als wenn man sich Profis einkaufen müsste und die Stimmung war unfassbar gut! 

Alle 2 Jahre haben wir mit dem Chor auch kleinere Overtüren aufgeführt. 

Ich habe den Chor etwas verändert: Ich habe deutsche Chormusik eingeführt; vorher war es sehr lateinisch geprägt. 

Ich habe auch versucht, dass die Musik nicht als Lückenfüller in der Messe genutzt wird, sondern das liturgische Geschehen musikalisch untermauert und begleitet. 

Was wird Ihnen fehlen? Was werden Sie vermissen? 

Vor allem die Regelmäßigkeit. Ich hoffe, dass die 20.000 Gottesdienste nicht dazu geführt haben, endlich eine Pause zu machen. Corona hat schon gereicht, ich möchte weiter spielen. 

Ich freue mich auch darauf, endlich Konsument zu werden. Einfach da zu sitzen und zu lauschen. 

Worauf freuen Sie sich noch? 

Ich werde versuchen mehr Klavier zu spielen. Mein Flügel hat die Flut gut überstanden und ich freue mich, ihn bald wieder mehr bespielen zu können. In der letzten Zeit, als Corona war, habe ich mir vermehrt Aufgaben gestellt, an der Orgel. Eine Art Übertechnik angeeignet, dass ich nicht aus dem Flow heraus komme. Das ist mir gut gelungen. Aber ich kann und will nicht an dieser Elektronik Orgel üben, da bin ich auch zu verwöhnt mit der Laurentius Orgel. 

Was haben Sie vor? 

Es ist oft schwierig für einen Menschen, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat, alles entsprechend weiterzuführen. Aber früher, da bin ich gerne mal wandern gegangen. Ich glaube, ich werde das mal wieder angehen und pflegen. Vielleicht verreisen! 

Achso! Das war auch toll. Wir haben mit dem Chor immer Reisetouren gemacht. Immer große Reisen, so alle 2 bis 3 Jahre. Toskana, Provence, das Heilige Land. In den 90iger Jahren waren wir in Erfurt. In Canterburry in der Kathedrale, da durfte ich auch spielen! Das waren tolle Erlebnisse, an die ich mich gerne zurückerinnere. 

Was wünschen Sie Ihrem künftigen Nachfolger/ Ihrer künftigen Nachfolgerin? 

Dass man ihn oder sie einfach machen lässt. Dass nicht erwartet wird, dass alles so weiterläuft. Die letzten 2 Jahre sind kein Maßstab, rein musikalisch gesehen. Mein Sohn hat es schön formuliert: „Vater, du hast 38 gute Jahre gehabt, denk nicht so viel über die letzten beiden Jahre nach!“

Es braucht Freiheit. Eine Freiheit, neue Sachen zu machen, auch andere Sachen als ich. Damit komme ich klar, dass habe ich für mich schon klar gemacht. 

Was ist Ihnen vielleicht noch wichtig zu sagen? 

Ich habe hier in der Pfarrei durchgehend ein angenehmes Betriebsklima erlebt. Ich habe jetzt schon einige Chefs durch. Es war immer eine schöne Zusammenarbeit. Mir persönlich war das Qualitätskriterium in meiner Arbeit immer sehr wichtig. 

Jeden Sonntag ein großes Orgelnachspiel. Zuerst sind nur wenige Menschen sitzen geblieben, aber nachher immer mehr und haben einfach gelauscht und sich bedankt. 

Die Arbeit mit dem Chor, besonders mit Motetten hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. 

Der Chor war auch eine sehr gute Gemeinschaft, durch den etliche Menschen den Einstieg in die Gemeinde und das Leben im Ahrtal gefunden haben. Eine Art Netzwerk-Arbeit. 

Gibt es ein Lieblingsstück? 

Eigentlich nicht. Ich sage immer, man ist immer da, wo man gerade ist. Wenn ich etwas mache, denke ich nicht an etwas anderes. Aber Bach spiele ich im Vergleich sehr gerne! 

20 Minuten nach Abschluss des Gesprächs kommt Klaus-Dieter Holzberger erneut in den Raum: „Ich habe noch etwas vergessen!“ 

Was ich noch sagen wollte! Pfarrer Jörg Meyrer hat mal im Gottesdienst eine Befragung gemacht. Was war oder ist ihr größtes Osterereignis. Für mich ist es das Orgel Spielen und mein Chor. Ich habe mich, was das liturgische Orgelspiel angeht verändert und weiterentwickelt. Aber wenn man den Spaß nicht hat, dann kann man diesen Job nicht aushalten. Das wollte ich noch einmal loswerden! 

Am Sonntag, den 3. Juli, wird Klaus-Dieter Holzberger in der Hl. Messe auf dem Calvarienberg verabschiedet, zusammen mit „seinem“ Kirchenchor.

Anschließend gibt es ein Fest der Begegnung im Hofgarten des Klosters, zu dem alle bei Sekt und Imbiss eingeladen sind.

Die Abkürzung i.R. wird bei ihm nicht nur „im Ruhestand“, sondern auch „in Reichweite“ bedeuten. In den kommenden Monaten, bis zu einer Nachfolge-Regelung, mit der nicht vor dem 1.1.23 zu rechnen ist, wird er weiterhin einige Orgeldienste übernehmen.

Wer sich am Abschiedsgeschenk beteiligen möchte, der kann einen Betrag im Pfarrhaus abgeben und auf der gemeinsamen Karte unterschreiben.

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